...wenn eine Mitkämpferin den Kampf verliert... Es war der 1. Januar 2018. Ich stand ziemlich spät auf, weil wir bis in die Nacht Silvester gefeiert hatten und ich von der Therapie immer noch ziemlich müde war und bin.
Ich öffnete Instagram und dann sah ich es: Kim von kimspiriert hat ihren Kampf gegen den Krebs verloren. Ich musste den Text zu ihrem Post, welcher von ihren Angehörigen verfasst wurde, erst zweimal lesen, bis ich es verstand: Sie ist tot. Und dann kamen die Tränen. Ich begann zu weinen, wie ich es lange nicht mehr getan hatte, und konnte meinem Freund noch nicht einmal sagen, was überhaupt los war. Und so passierte es auch noch mehrere Male an diesem Tag, immer, wenn ich daran denken musste, dass eine so tapfere, tolle junge Kämpferin, an Brustkrebs gestorben war. Für nicht an Krebs erkrankte oder generell gesunde Menschen ist diese Reaktion vielleicht nicht ganz nachvollziehbar. Denn ich kannte Kim ja nicht persönlich. Sie war nicht meine Freundin oder Bekannte. Nein. Ich folgte ihr seit ihrer Diagnose Anfang 2017, welche sie in New York erhielt, auf Instagram. Eine Reise, die eigentlich zur schönsten ihres Lebens werden sollte. Nein, ich kannte Kim nicht, aber dennoch sah ich jede ihrer Storys, las mir jeden von ihr geschriebenen Text durch und litt und bangte mit ihr mit. Denn ihr Krebs hatte zum Zeitpunkt der Diagnose bereits gestreut. Sie musste eine Chemotherapie und Operationen über sich ergehen lassen, genau wie ich. Sie hatte die gleichen Ängste wie ich. Die gleichen Nebenwirkungen. Aber sie hielt noch viel mehr aus: Die Mastektomie (= Amputation) ihrer Brust, spezielle lokale Chemotherapien gegen ihre Lebermetastase, Knocheninfusionen gegen ihre Knochenmetastasen, und letztendlich eine Gehirnbestrahlung, weil Ende des Jahres plötzlich auch noch hier Metastasen entdeckt worden waren. Und ich hatte gehofft. Ich hatte gehofft, dass sie es schafft. Ich hatte gebetet, dass sie wenigstens noch für ein paar ihrer Wünsche und Träume Zeit haben würde, denn davon hatte sie doch so viele. Sie war doch erst 30 Jahre alt! Sie wollte reisen, die Welt erkunden, mit ihrem Freund eine schöne Zukunft haben, wieder Sport machen, sich wohl und lebendig fühlen. Doch all das wurde ihr genommen, egal, wie sehr sie kämpfte. Und genau in diesem Punkt kommt bei uns anderen Erkrankten die Angst hoch. Auch wenn mein Krebs zum Glück noch nicht gestreut hat, dann ist dennoch immer diese Angst da. Die Angst, dass es so schnell gehen kann. Die Angst, dass ich für meine Träume keine Zeit mehr haben werde. Dass ich niemals heiraten, die Welt entdecken, Zeit mit meinen Liebsten verbringen und einfach unbeschwert und glücklich sein darf. Kim war für mich und viele tausend andere Krebs-Erkrankte ein unglaubliches Vorbild. Und sie wird es auch immer bleiben. Denn trotz ihrer Diagnose, trotz ihrer Schmerzen, Ängste und letztendlich des sich weiter ausbreitenden Krebses hat sie die Hoffnung nie aufgegeben. Sie hat bis zum Schluss gekämpft. Sie hat bis zum Schluss jeden schönen Moment genossen. Sie hat bis zum Schluss die „kleinen Dinge im Leben“ wertgeschätzt. Manchmal... ja, manchmal ist das Leben echt richtig fies. Aber meistens, ja meistens ist es einfach nur zauberschön - Kim Und ich denke, das ist letztendlich das wichtigste, auch wenn es manchmal noch so schwer fällt. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Deswegen ist es umso wichtiger, jeden einzelnen Augenblick zu genießen. Man sollte jedem Tag die Chance geben, der schönste seines Lebens zu werden und man sollte mit seinen Träumen und Wünschen nicht warten. Man sollte im Hier und Jetzt leben. Aber leider ist diese Fähigkeit den meisten Menschen abhandengekommen. Man sollte viel mehr wie ein Kind sein, welches sich über das freut, was es gerade macht. Ein Kind spielt im dreckigsten Matsch und es ist ihm egal, ob die Sachen danach gewaschen werden müssen, denn es ist in diesem Moment glücklich. In diesem Zuge muss ich gerade an eines meiner Lieblingsgedichte von Rainer Maria Rilke denken... Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest. Und lass dir jeden Tag geschehen sowie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt. Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt den Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin. - Rainer Maria Rilke Kim hat genau das versucht: Im Hier und Jetzt zu leben und sich der kleinen Wunder dieses Lebens zu erfreuen. Und sie hat anderen Betroffenen immer wieder Mut, Motivation und Inspiration geschenkt. Ihre Hinterbliebenen schreiben: „Wenn ihr den Drang haben solltet, etwas tun zu wollen, bitten wir im Sinne von Kim um eine Spende für das Katharinen Hospiz am Park in Flensburg. In ihren letzten Tagen standen diese Menschen der Familie, Freunde und vor allem Kim so gut es ging beiseite und gaben uns so die Möglichkeit, sie in Würde zu verabschieden. Das Spendenkonto dafür lautet IBAN DE24 2175 0000 0000 0563 40“ Ruhe in Frieden, Löwin. Der Himmel hat jetzt einen Engel mehr.
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Herzlich Willkommen
Ich bin Janine, 25 Jahre alt und erzähle dir hier meine Brustkrebs-Geschichte: Die Geschichte über "Sauron" und mich. Archiv
März 2018
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